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Leo Bartsch: Mit Rucksack und Gitarre um die Welt

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Der Plan war perfekt: In sechs Monaten durch sieben Länder auf drei Kontinenten reisen. Dabei nicht nur fremde Kulturen kennenlernen, sondern auch ein paar Lieder schreiben, Yoga machen und vor allem eins: Wellenreiten! Eigentlich wollte ich nur ein halbes Jahr Unbeschwertheit, doch ich bekam so viel mehr... 

von Leo Bartsch

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Seit Jahren habe ich den Traum, eine Weltreise zu machen – endlich wird er wahr. Trotz langer Planung wird es kurz vor Reisebeginn richtig stressig: Ich muss meine Bachelorarbeit schreiben, dabei habe ich nur Packen im Kopf. Den Rucksack unter 15 Kilogramm zu kriegen ist eine echte Herausforderung für mich! Und dann muss noch die wilde Abschiedsparty gefeiert, die Wohnung für die Untermieter leer geräumt und natürlich der Familie „Tschüss“ gesagt werden. 

Das Gute an dem Chaos? Ich habe keine Zeit zum Nachdenken. Einfach rein ins Abenteuer!




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Sri Lanka trifft mich mitten ins Herz: Alles ist bunt, alles ist laut, alles ist exotisch. Züge, Autos, Motorräder und Tuk Tuks brausen hupend an einem vorbei und das Land besticht durch eine wahnsinnige Vielfalt von Landschaft, Tierwelt und Leuten. Dass hier inzwischen alle Weltreligionen friedlich koexistieren beeindruckt mich. Und die Intensität der Kultur sorgt dafür, dass man gar nicht anders kann, als alles in sich aufzusaugen. Wie ein Schwamm. Voller Neugier und Motivation genieße ich den Start in meine Reise.

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Manchmal wache ich morgens von Dschungel-Geräuschen auf und habe das Gefühl, ich bin im Paradies. Jeder Tag bringt etwas Spannendes mit sich und ich fühle mich wie ein kleines Kind, das die Welt ganz neu entdeckt. Jeden Tag gehe ich surfen und merke, was für große Fortschritte ich mache.

Immer am Nachmittag mache ich Yoga, manchmal sogar am Strand. Die Übungen, die das Herz öffnen sollen, hab ich gar nicht nötig – meins steht schließlich weit offen. So leicht, unbeschwert und lebendig habe ich mich seit einer Ewigkeit nicht gefühlt.

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Viele Leute setzen Indonesien mit Bali gleich. Dabei hat das Land noch 17.507 weitere Inseln – und in eine davon habe ich mich Hals über Kopf verliebt: Lombok.

Lombok ist der eine Ort auf meiner Reise, an dem ich ankomme und mir einfach alles gefällt. Und je mehr ich auf meinem Roller rumfahre, mir die Freiheit um die Ohren pusten lasse, desto schöner finde ich es. Mit den Füßen im Sand und einer frischen Kokosnuss in der Hand verbringe ich hier zwei meiner glücklichsten Wochen.

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Auf Lomboks Nachbarinsel Sumbawa fühle ich mich ungefähr so, wie am Schauplatz eines Abenteuer-Romans: Sumbawa ist definitiv der ursprünglichste Ort meiner Weltreise – und er ist von Touristen noch fast unberührt. Kilometerlange, menschenleere Sandstrände findet man hier ebenso wie eine angsteinflößende Kobra auf der Fußmatte.

Ausgerechnet hier werden meine Schulterschmerzen, die bereits auf Lombok eingesetzt haben, so schlimm, dass ich nicht mehr surfen kann. Ein ziemlicher Schock: Habe ich mich etwa ernsthaft verletzt?

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Die letzten zehn Tage in Indonesien verbringe ich auf Bali und mache trotz Verletzung das Beste daraus. Ein Roller-Ausflug in den Nord-Westen eröffnet mir das Bali, was im Süden längst vom Tourismus überrollt wurde: Ein ruhiges, wunderschönes, traditionelles Bali.

Auch wenn ich noch optimistisch bin, dass die Schulter sich bald beruhigt, gehe ich vorsichtshalber zum Arzt. Der Orthopäde verschreibt mir Pillen und verspricht, dass die Schmerzen bald nachlassen werden – mit dieser Hoffnung fliege ich weiter...

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„Irgendwann konnte ich gar nichts mehr machen“

Leider geht es weiter bergab: Die Medikamente helfen nicht und ich habe unfassbar starke Schmerzen. Es machen sich Frustration und Verzweiflung breit. Ich fühle mich wahnsinnig einsam und möchte am liebsten nach Hause. Mit letzter mentaler Kraft beschließe ich, nach Manila zu fliegen und mich richtig untersuchen zu lassen.

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Weil ich nicht surfen kann, habe ich viel Zeit auf's Meer zu starren, nachzudenken – und beginne dabei, meine gesamte Reise in Frage zu stellen. Welchen Sinn macht das alles, wenn meine „Mission Surfen“ scheitert? Platzt jetzt mein Weltreise-Traum? Bin ich doch nicht stark genug, das alleine durchzuziehen?

In mein Tagebuch notiere ich: „Vielleicht ist die große Freiheit einer solchen Reise schlichtweg eine Illusion!“ Aber so richtig kann und will ich das nicht glauben. Klar... Man kann nicht monatelang nur euphorisch sein, man nimmt sich immer selber mit und gefallen kann es einem auch nicht überall. Aber: Aufgeben kommt nicht in Frage! Anstatt mir also einen Flug nach Hause zu buchen, wie ich es tatsächlich kurz überlegt habe, mache ich weiter. 

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Die größte Umstellung auf der gesamten Reise ist es für mich dann, zurück in eine westliche Kultur zu kommen, die meiner eigenen recht ähnlich ist. Ich vertrage das Essen nicht mehr und laufe verloren durch San Francisco auf der Suche nach der Hippie-Romantik, die einem so oft versprochen wird.

Leider erlebe ich das Gegenteil: Einen massiven Kontrast zwischen den Menschen, die von unserer Gesellschaftsform profitieren und denen, die auf der Strecke bleiben. Ich möchte wieder raus aus der Großstadt und breche auf – immer Richtung Süden.

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„Der Roadtrip war eine Expedition an magische Orte“

Oft läuft alles anders, als man es geplant hat – zum Glück. Mein Roadtrip durch Kalifornien wird zu einer Expedition über alternative Lebensmodelle und zu magischen Orten, an denen ich faszinierende Menschen treffe. Diese Begegnungen haben mich zutiefst berührt.

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Früher war L.A. die Stadt meiner Träume. Ich verbrachte viele aufregende Wochen hier, plante sogar auszuwandern – doch das war in einem anderen Leben. Zum ersten Mal überhaupt hinterfrage ich Konsum, weil mir bewusst wird, wie wenig es in so einer Stadt zu tun gibt, wenn man nichts kaufen will. Ungewollt strömen auf einmal von allen Seiten Erkenntnisse auf mich ein. Nun stelle ich nicht mehr meine Reise in Frage, sondern viel mehr die Art und Weise, wie ich in den letzten Jahren gelebt habe. Irgendetwas ändert sich in mir gerade drastisch.

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„Die Lücke zwischen dem Tourismus und der Lebensrealität der Einheimischen könnte größer nicht sein...“

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Als ich in Nicaragua ankomme, bin ich erstmal froh, wieder in den Tropen zu sein – und endlich wieder auf's Surfbrett zu können.

Die Zeit plätschert so vor sich hin. Ich verbringe meine Tage größtenteils am Strand, im Wasser, mache Yoga und wohne in Surfcamps und -lodges. Alles ist so, wie es ursprünglich (also vor meiner Verletzung) mal geplant war. Es hat sich nur ungefragt ein neuer Reisebegleiter zu mir gesellt: ein dezentes Schuldgefühl.

Nicaragua ist das ärmste Land, das ich auf der Weltreise besuche. Viele Menschen hier leben in wirklich sehr schwierigen Verhältnissen und sind sehr arm. Ich hingegen gebe pro Nacht ungefähr ein Fünftel des durchschnittlichen Monats-Einkommens eines Nicaraguaners aus – Essen nicht mit eingerechnet. Dabei habe ich leider das Gefühl, auf ihre Kosten zu leben, ohne etwas Positives zum Fortschritt im Land beitragen zu können. Die Lücke zwischen dem Tourismus und der Lebensrealität der Einheimischen könnte größer nicht sein.

Ich bin ehrlich: Das sind Gedanken, die ich mir vorher schlimmerweise noch nie gemacht habe, die ich aber nicht mehr länger ausblenden kann. Die Armut Nicaraguas, folgend auf den Überfluss in der amerikanischen Konsumgesellschaft, hat mir die Augen geöffnet. Hinzusehen ist oft schwerer, als wegzusehen.



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Costa Rica macht es mir nicht leicht. Auch hier habe ich das Gefühl, der Tourismus ist eine merkwürdige, teure Parallelwelt, in der man ferngehalten wird von der echten Essenz des Landes. Vielleicht ist es nun an der Zeit, nach Hause zu gehen, denn vielleicht gibt es diesen Ort, den ich suche, einfach nicht. 

Doch dann erklärt mir ein Tico, ein Local, warum die Einwohner Costa Ricas sich distanzieren: Immer mehr Ausländer kaufen Grundstücke und treiben die Preise in die Höhe – die Ticos selber können sich keine mehr leisten. Ich verstehe nun alles besser und gebe dem Land noch eine Chance.

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Schließlich finde ich im südlichsten Zipfel Costa Ricas noch mein persönliches Utopia: In einem kleinen Dorf namens Punta Banco liegt eine Ranch, direkt am Meer, dort wo die holprige Straße endet und das gute Leben beginnt. Hier, wo der Dschungel den Ozean küsst, wo Schildkröten nisten, Wale vorbeischwimmen und Papageien fliegen, komme ich ganz bei mir an und schließe meinen universellen Frieden. 

Zwar war nicht alles perfekt und nichts lief so richtig nach Plan, aber alles kam vermutlich genau so, wie es kommen sollte.

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Mein letzter Stop ist ein Campingplatz in der Bretagne, wo ich seit 25 Jahren meine Sommer verbringe. Dieser Ort ist eine Art Zeitkapsel für mich, aber ich merke hier umso mehr, dass ich nicht mehr dieselbe bin. Wahrscheinlich ist es der beste Platz, um einen gedanklichen Übergang zu meiner Rückkehr zu finden – vertraut und doch noch nicht ganz daheim.

Meine Reise war eine Zeit der Transformation und Erkenntnis, in der ich vielleicht das erste Mal richtig wahrgenommen habe, was in der Welt passiert. Jetzt ist es Zeit für mich anzukommen und meine Schlüsse daraus zu ziehen. 

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...bin ich erst einmal überwältigt. Die Wiedersehens-Freude ist natürlich groß, aber ganz so einfach ist die Resozialisierung für mich nicht nach all den Monaten und mit all den unvergesslichen Momenten, die für mich noch sehr präsent sind. Ich bin losgeflogen mit einem Rucksack voller Klamotten und komme zurück mit einem Rucksack voller Ideen.

Damit sich der Alltag nicht zu schnell zwischen mich und meine neuen Pläne drängt, fange ich gleich an, sie umzusetzen. Die erste Amtshandlung? Ich verkaufe meinen Fernseher!

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Für mich beginnt am Tag meiner Rückkehr eigentlich eine neue Reise, denn ich möchte etwas ändern. Mein neuer Ansatz? Nachhaltiger Minimalismus. Ich bin überzeugt, damit kann ich mir und der Welt etwas Gutes tun.

Vielleicht hat der Schriftsteller George Moore also Recht, wenn er sagt: „Der Mensch bereist die Welt auf der Suche nach dem, was ihm fehlt. Und kehrt nach Hause zurück, um es zu finden.“

In meinem Tagebuch halte ich auf der letzten Seite allerdings auch ein paar Zutaten zum „zufrieden sein“ fest, die ich in der weiten Welt gefunden habe:
Hingabe. Gelassenheit. Dankbarkeit. Ehrlichkeit. Bescheidenheit. Mut. Leidenschaft. Energie. Liebe, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Wahrheit. Frieden... und Ingwer natürlich.

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FOTOS & VIDEOS
Leo Bartsch, Mateja Lux


TEXTE
Leo Bartsch

MUSIK
Welle für Welle
Text: Leo Bartsch, Musik: Bernhard Selbach


Flaschenpost
Text und Musik: Leo Bartsch

Northern Lights
Gemafreie Musik von www.frametraxx.de

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Übersicht

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Kapitel 1 Aufbruch

1.1 intro

1.2 abreise

1.3 sri lanka exotik und begeisterung

1.4 surfen und yoga
Kapitel 2 Zusammenbruch

2.1. indonesien schulterschmerzenjpg

2.2 indonesien u%cc%88ber wasser halten

2.3 v1 philippinen tiefpunkt

2.4 v4 philippinen heimweh. heimreise  weitermachen
Kapitel 3 Kulturschock im "Westen"

3.1 usa fremd im westen

3.2 usa rpadtrip

3.3 la  usa reflexion konsum und eigene vera%cc%88nderung
Kapitel 4 Eine neue Perspektive

4.1 v1 nicaragua le%cc%81on

4.2 v2 costa rica bluesa unnahbare welt

4.3 punta banco  costa rica universeller frieden

4.4 frankreich ort der reflexion
Kapitel 5 Rückkehr

5.1 v3 willkommen daheim!

5.2 was bleibt

5.4 weltkarte vers3 2

5.3 flaschenpost
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