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Tauchen mit dem weißen Hai: Ein Date mit Nervenkitzel

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Südaustralien ist bekannt für ein ganz besonderes Abenteuer, das es in ganz Australien nur in der südaustralischen Stadt Port Lincoln gibt: Das Tauchen mit weißen Haien.

Unser reisereporter Christian Purbs hat sich auf den Weg ans Ende der Welt zum König der Meere gemacht, der noch immer den Ruf einer menschenfressenden Bestie hat.



Von Christian Purbs und Dario Teschner

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„Der Timing ist perfekt.“ Dave, Kapitän der Calypso Star, die vor drei Stunden im Küstenstädtchen Port Lincoln abgelegt hat und nun ruhig vor Neptune Island ankert, hat seine Ansprache an die Gruppe gerade beendet, als etwa zehn Meter vom Boot entfernt eine mächtige graue Rückenflosse die Wasseroberfläche durchschneidet.

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„Okay, es geht los, die erste Gruppe kann ins Wasser“, sagt Dave. Zu der ersten Gruppe gehöre auch ich, was zumindest einen Vorteil hat: Mir bleibt keine Zeit mehr, um zu überlegen, ob das wirklich eine gute Idee ist, was ich hier auf dem Meer in Südaustralien gerade mache. Aber ich habe es ja unbedingt gewollt, oft davon geträumt und bin dafür ans andere Ende der Welt geflogen. Jetzt ist es soweit. Also Atemgerät in den Mund und rein ins Wasser. In den Haikäfig. Wird schon gutgehen. Hoffentlich.

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Mein Herz rast und noch einmal frage ich mich, ob es klug ist, einem der gefährlichsten Raubtiere der Welt, dem weißen Hai, so nahe zu kommen. Zum Glück bin ich erst einmal damit beschäftigt, mich an meine neue Umgebung zu gewöhnen. Wir stehen zu fünft in einem etwa zweieinhalb Meter langen und eineinhalb Meter breiten Haikäfig, den Kopf knapp unterhalb der Wasseroberfläche. Aufgrund der Strömung und der Wellen haben wir einige Mühe, in unserer kleinen Box nicht den Stand zu verlieren. Die Sicht ist hervorragend, das Wasser glasklar. Gerade als ich beginne, mich beim Beobachten der kleinen Fischschwärme zu entspannen und die Unterwasserwelt zu genießen, taucht rechts von mir ein großer Schatten aus der Tiefe auf.

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Mit gleichmäßigen, ruhigen Bewegungen steuert der Hai ohne Hast auf den Käfig zu, seine dunklen Augen mustern uns nur kurz. Das Interesse des etwa drei Meter langen Hais gilt nicht uns, sondern dem Thunfischköder, der ein paar Meter vom Käfig entfernt knapp unter der Wasserfläche schwimmt. Er schnappt kurz danach, doch der an einem Seil befestigte Köder wird von Dave im letzten Moment weggezogen. Dann dreht der Hai ab und verschwindet wieder.
Meinen ersten Gedanken, als dieser riesige Hai zwei Meter vor meinen Augen vorbeigleitet, werde ich nie vergessen: Wow, wie majestätisch. Und kurz darauf: Wie geil ist das denn! Wie Zoo, nur andersherum.

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Zu „meinem“ ersten weißen Hai gesellte sich wenig später noch ein zweiter hinzu, immer wieder tauchten diese wunderschönen und beeindruckenden Tiere vor unserem Käfig auf und erlaubten uns, sie in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten. Insgesamt waren an diesem Nachmittag sieben Haie am Boot, der größte von ihnen etwa viereinhalb Meter groß.

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Nach einer halben Stunde ist unsere Zeit im Käfig vorbei, die nächste Gruppe wartet schon ungeduldig.

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Der Grund, warum die weißen Haie sich hier vor Neptun Island aufhalten, sind die Robben. Von Januar bis März bringen die Robben nämlich hier ihre Jungen zur Welt - eine unwiderstehliche Beute für die Haie. „Das ist für ihn ein bisschen wie beim Drive in bei McDonald´s : Ab und zu schaut er vorbei, nimmt einen kleinen Imbiss, machte eine Pause und schnappt sich die nächste Robbe“, erklärt der Calypso-Kapitän sehr anschaulich die große Anzahl von weißen Haien in dieser Gegend.

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Weil die Haie durch den Köder angelockt werden und zudem sehr neugierig sind, lassen sie sich immer wieder blicken. Deshalb ist auch das Beobachten vom Deck des Bootes aus unglaublich aufregend. Immer wieder taucht ein dunkler Schatten kurz unter der Wasseroberfläche auf, nur Sekunden später versucht ein riesiges Maul nach dem Köder zu schnappen. Wenn eine Rückenflosse plötzlich die Richtung ändert, Kurs aufs Boot nimmt und bis auf ein paar Zentimeter heranschwimmt, dann ist eines ganz, ganz wichtig: Jetzt bloß nicht ins Wasser fallen. Das sind Momente, die bei mir immer noch für Gänsehaut sorgen.

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Der weiße Hai schwimmt friedlich in einem Fischschwarm.
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Jeder, wirklich jeder, der an diesem Tag die Haie beobachtete und aus dem Käfig stieg, hatte ein Strahlen im Gesicht – was für Begegnungen mit dem weißen Hai unter anderen Umständen sonst nicht der Fall ist. Gerade in Australien ist „The Great White“ gefürchtet, weil es immer wieder zu Angriffen auf Taucher und Surfer kommt. Solange der Mensch sich in das Jagdrevier des Haies begibt, werden solche Angriffe, die jedoch in den seltensten Fällen tödlich sind, nicht aufhören. „Man muss sehen, dass rund 100 Haiangriffe pro Jahr nicht viel sind. Durch Flusspferde kam es 2015 zu knapp 3.000 Unfällen. Durch Schlangenbisse sogar zu 90.000. Im Verhältnis sind es wirklich wenig Haiunfälle. Aber die Küsten, an denen sie hauptsächlich passieren, sind eben auch bei Schwimmern und Surfern sehr beliebt, und deswegen gibt das immer sehr viel Aufsehen“, sagt der Schweizer Erich Ritter, Leiter SharkSchool in Miami.
Der weiße Hai ist kein menschenfressendes Monster, keine primitive Tötungsmaschine. Die Jäger der Weltmeere sind vielmehr selbst zu Gejagten geworden. Nach aktuellen Schätzungen werden jedes Jahr weltweit über einhundert Millionen Haie getötet, unter ihnen auch tausende Weiße Haie. Längst gehört der weiße Hai zu den vom Aussterben bedrohten Tierarten. Doch die Urängste gegenüber Haien, die durch Steven Spielbergs Film „Der weiße Hai“ aus dem Jahr 1975 noch verstärkt wurden, werden wir nicht los. Das liegt auch daran, dass wir viel zu wenig über den weißen Hai wissen, weil sein Leben zum größten Teil immer noch nicht erforscht ist.

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Der weiße Hai schwimmt friedlich in einem Fischschwarm.
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Um mehr zu erfahren, kamen bekannte Hai-Forscher wie der Australier Rodney Fox auf die Idee mit dem Haikäfig, um ihn so in seinem natürlichen Lebensraum beobachten zu können. Mittlerweile ist aus dieser Idee auch ein Geschäft geworden. 350 Euro kostet der Ausflug mit der Calypso Star zu den weißen Haien, nicht gerade wenig für eine halbe Stunde großes Hai-Kino im Käfig. Die Gründe, warum ganz normale Leute von der Frisörin bis zum Facharzt an diesen Touren teilnehmen, sind unterschiedlich. Manche sind von diesen Tieren fasziniert und erfüllen sich mit der Begegnung einen Traum, für andere wie etwa Jessica Mulquiney ist es der ultimative Kick. Die 33-Jährige Lehrerin hofft auf einen „Adrenalinrausch und Nervenkitzel. Ich habe großen Respekt vor diesen Tieren, kann es aber gar nicht abwarten, sie endlich live zu sehen“, sagte die in Melbourne lebende Australierin auf der Fahrt zu den Haien.

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Weniger euphorisch, eher neugierig ist hingegen Nicole Wakulat aus Lüdenscheid. „Ich habe mich gefragt: Warum eigentlich nicht, so etwas macht man nur einmal im Leben“, sagt die 34-jährige Juristin. Eine besondere Beziehung zu Haien habe sie nicht, „und ich würde hier in Australien auch niemals surfen gehen“, sagt die Deutsche kurz vor ihrem Tauchgang mit den weißen Haien. Als sie den Käfig verlässt, strahlt auch sie und ist von diesem Erlebnis, diesen geheimnisvollen, scheuen und schönen Tieren fasziniert. Zwei Wochen später macht Nicole in Adelaide ihren Tauchschein.

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Wie kein anderes Tier verkörpert der weiße Hai die Urängste des Menschen. Er ist ein gefährlicher Räuber, hat spitze Zähne, ein riesiges Maul und kommt aus den dunklen Tiefen des Meeres. Das reichte eigentlich schon für ein mulmiges Gefühl, wenn wir beim Urlaub im Süden im Meer baden gehen. Der Film „Der weiße Hai“ von Regisseur Steven Spielberg hat diese Urangst bei vielen Menschen jedoch ins Bewusstsein geholt und extrem verstärkt. Vor mehr als 40 Jahren kam der Horror-Schocker mit dem englischen Originaltitel „Jaws“ (Maul) in die Kinos. Seitdem hat der weiße Hai seinen Platz in den Köpfen der Menschen. Und dort wird er, auch wenn längst wissenschaftlich bewiesen ist, dass er kein menschenfressendes Monster ist, wohl auch immer bleiben.
„Da ist etwas Eigenartiges an ihm, er hat leblose Augen. Böse, tote, dunkle Augen. Wenn du ihm in die Augen schaust, glaubst du, er lebt nicht. Bis er dich beißt.“ Die Geschichte die Quint, Haifischjäger, Raubein und Psychopath, im Film „Der weiße Hai“, den anderen Männern auf dem Boot weit draußen auf dem Meer erzählt, ist einer der gruseligen Höhepunkte im Film „Der weiße Hai“ aus dem Jahr 1975. Der weiße Hai umkreist das Boot bereits den ganzen Tag. Noch glauben Martin Brody, Polizeichef mit Wasserphobie, der Meeresbiologe Matt Hopper und Quint, dass sie ihn jagen und bald aufspüren würden. In Wahrheit ist er längst da – und er jagt sie. Die Auswirkungen des Films waren für die weißen Haie verheerend. Ein Monster war geschaffen worden, das gejagt und vernichtet werden musste. Weil die Menschen Angst hatten, dass der Killer mit dem großen Maul voller messerscharfen Zähnen von unten kommen und sie packen würde und sich das Wasser mit ihrem Blut rot färbt. Seitdem war bei jedem Badeurlaub am Mittelmeer auch der Gedanke an den Weißen Hai im Kopf mit dabei. Auch nach mehr als vierzig Jahren nach seiner Premiere ist der Film von Regisseur Steven Spielberg immer noch großes Kopfkino. Wenn wir hundert Meter vom Strand entfernt schwimmen und auf die Dunkelheit unter uns schauen, dann ist es keine gute Idee, auch nur eine Sekunde lang an weiße Haie zu denken. Schon gar nicht an die Szenen aus dem Film. Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass da unten ein weißer Hai lauert und gleich nach oben schnellen wird, verschwindend gering. Aber es könnte sein. Und das reicht für einen Schwimmsprint an den Strand, den der Schwimmlehrer aus der Schule nie für möglich gehalten hätte. Der Autor der Romanvorlage für den Film, Peter Benchley, distanzierte sich schnell und ließ keine Gelegenheit aus, Haie bei seinen öffentlichen Auftritten zu verteidigen. Und auch Rodney Fox hat einen großen Anteil an der sich immer noch im Bewusstsein der Menschen haltenden Mär von der Bestie Hai. Der weltbekannte Haiforscher und Tierschützer war verantwortlich für die Unterwasseraufnahmen im Film. Fox wurde selber von einem weißen Hai attackiert und dabei lebensgefährlich verletzt. Das hat ihn zunächst zum Hai-Jäger gemacht, doch mittlerweile tut er alles, um diesen Fehler wieder gutzumachen. Doch die Angst bleibt. Wohl für immer.

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Vorurteile fackten klein
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Was ist wirklich dran, an den vielen Gerüchten rund um Haie? Der Schweizer Erich Ritter, Wissenschaftlicher Leiter von Sharkproject e.V. räumt mit den gängigsten Vorurteilen über Haie auf:

Haie riechen Menschenblut meilenweit.
Haie können kein Menschenblut riechen bzw. erkennen. Wir waren nicht Teil ihrer Evolution und gehörten nie in ihr Nahrungsspektrum. Experimente mit Blutkonserven ergaben, dass Haie auf menschliches Blut nicht reagieren.

Haie sind gefährliche Menschenfresser.
Weltweit gibt es jährlich nur zwischen 60 und 100 so genannte Haiunfälle. Nur fünf bis zehn enden tödlich. Eine Zahl, die bei der geschätzten Menge von 20 Milliarden Wassersportvorgängen jährlich eine Wahrscheinlichkeit von ein zu 200 Millionen in sich birgt. Die Gefahr von einem Blitz erschlagen zu werden liegt bei eins zu 1,2 Millionen.

Haie sind aggressiv.
Haie sind in den meisten Fällen sehr vorsichtig und zurückhaltend. Nur außergewöhnliche Umstände bzw. Irritationen ihrer Sinne wie zum Beispiel schlechte Sicht, Geräusche, Futter im Wasser o. Ä. bringen sie dazu, sich näher an einen Menschen heranzuwagen.

Haie jagen nur nachts.
Haie fressen und jagen, wann immer sich ihnen eine Gelegenheit bietet.

Haie verwechseln Surfer mit Seehunden.
Es erscheint unglaubwürdig, dass Haie mit ihren überlegenen Sinnen ein Tier, mit dem sie seit Millionen von Jahren ihr Element teilen, mit einem sich anders bewegenden und aussehenden Surfer verwechseln. Ein seltenes Zubeißen bedeutet entsprechend ein Ausprobieren und nicht eine Verwechslung.

Im Mittelmeer gibt es keine Haie.
Haie gibt es in allen Weltmeeren. Im Mittelmeer gibt es weiße Haie, Tigerhaie und Hammerhaie. Es wird vermutet, dass sich im Mittelmeer die weltweit größten Bestände des weißen Hais halten.

Haie sind Fische.
Obwohl Haie oft als "Haifische" bezeichnet werden oder der Walhai als größter Fisch genannt wird, sind sie nicht mit den eigentlichen Fischen verwandt. Haie gehören in die Klasse der Knorpelfische.

Glitzernde Gegenstände wie Ketten reizen Haie.
Obwohl funkelnde Gegenstände zum Beispiel auf Barrakudas eine anziehende Wirkung haben sollen, konnte eine Anziehung von Haien nicht nachgewiesen werden.


(Quelle: Sharkproject, www.sharkproject.org)

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Kapitel 1 Abenteuer Australien: Einleitung

01 ein date mit nervenkitzel
Kapitel 2 Der Weiße Hai

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